Donnerstag, 10. Oktober 2013

Warum Kobalt und Kinderarbeit nichts mit Elektromobilität zu tun haben

Unsere Welt verändert sich. Als im Jahre 1970 geborener Mensch, habe ich noch Zeiten erlebt, in denen ein Winter ein Winter und ein Sommer ein Sommer war. Da ist man im Winter mit einem halben Meter Schnee im Garten beschäftigt gewesen, hat ein Iglu gebaut oder einen Schneemann. Im Sommer hat man sich über das verregnete Wetter beschwert, an anderen Tagen ging es ins Freibad und man hat die heiße Luft genossen.

 

An die Umwelt hat man noch nicht so richtig gedacht.

 

Heute erleben wir, wie klimatische Bedingungen immer mehr in Extreme umschlagen. Im Jahre 2021 gab es noch keine so richtig zuordenbare Jahreszeit. Entweder ist es zu lange zu kalt, zu lange zu regnerisch oder zu lange zu trocken gewesen. Gewitterphasen dauern länger, Regen ist stärker geworden und führt schnell zu Erdrutschen und Hochwassern, auch in Gebieten, in denen man das bisher nicht kannte.

 

Woher kommt das, frage ich mich immer mehr?

 

Die Antworten geben einem zu denken. Also, mir zumindest. Bei manchen, denen ich so begegne, frage ich mich schon, in welcher Welt die leben. Da wird negiert und alles ganz weit weggeschoben und ich frage mich immer mehr, warum eigentlich? Wir können uns nur im Dialog weiter entwickeln. Probleme können gelöst werden, dafür sollten sie aber ernst genommen werden und nicht ignoriert oder gar negiert werden.

 

Eine dieser merkwürdigen Aussagen, die mir immer wieder begegnen, ist die, dass für die Produktion von Akkus für Elektroautos Kobalt eingesetzt wird, das aus Minen im Kongo stammt, in denen Kinder für dieses Kobalt arbeiten. Daraus leiten die Beitragenden nicht selten ab, dass es besser wäre, einfach so weiterzumachen, wie bisher und möglichst schnell irgendwas Mystisches zu erfinden. Wasserstoffautos zum Beispiel.

 

Leiden die alle an Realitätsverlust?

 

Richtig ist, dass ein Teil des gewonnenen Kobalts für Elektroautos aus dem Kongo stammt. Dort gibt es aber nicht nur wilde Minen, in denen Kinder arbeiten, sondern auch offizielle Minen, die meist von chinesischen Firmen betrieben werden. Kobalt wird auch nicht nur im Kongo abgebaut, sondern zum Beispiel auch in Australien. Beim Bau von Elektroautos wird durchaus darauf geachtet, woher das Kobalt kommt. Die Lieferketten müssten trotzdem sehr viel besser überwacht werden, denn natürlich kann es nicht sein, dass wir von der Arbeit von Kindern profitieren, um unser Luxusleben zu finanzieren. Das ist aber nicht nur ein Problem beim Elektroauto, sondern zum Beispiel auch bei Akkus in Smartphones und Handys, Kleidung, Sportschuhen oder ja, auch beim ganz normalen Verbrenner und dem Wasserstoffauto.

 

Was das Wasserstoffauto angeht, sollte man sich klar machen, dass der Wasserstoff über eine Brennstoffzelle Strom erzeugt. Auch in einem Wasserstoffauto kann ich diesen nicht direkt nutzen. Deswegen hat der nämlich auch einen Akku, nur wird der während der Fahrt durch die Brennstoffzelle geladen. Das bedeutet nichts anderes, als dass das Wasserstoffauto auch Kobalt braucht. Etwas weniger, aber im Grunde ist es ohnehin nur noch eine Frage der Zeit, bis neuere Akkugenerationen existieren, die gar kein Kobalt mehr verwenden.

 

Um Wasserstoffautos soll es hier aber nicht gehen.

 

Zunächst mal sollten wir uns fragen, wofür Kobalt eigentlich eingesetzt wird. Nur für Akkus? Nein. Kobalt ist schon sehr viel länger im Einsatz, als es Elektrofahrzeuge gibt. Man hat Kobalt in Form von Oxiden, Sulfaten, Hydroxiden oder Carbonaten zunächst für hitzefeste Farben eingesetzt. Bei der Bemalung von Keramik und Porzellan kamen die zum Einsatz. Bekannt ist auch, dass es für Blauglas eingesetzt wurde. Das war bereits vor dem Jahr 1800 der Fall.

 

Später hat man dann erkannt, dass es auch bei der Produktion von Stahl recht hilfreich ist. Kobalt ist deswegen Legierungsbestandteil insbesondere in Schnellarbeitsstahl und Superlegierungen, die in Hartmetallen und Diamantwerkzeugen zum Einsatz kommen. Kobaltstähle werden für hochbelastete Werkteile eingesetzt, weil sie härter und widerstandsfähiger sind als normale Stähle. Sie kommen aber zum Beispiel auch zum Einsatz bei Ventilsitzringen, die in Verbrennungsmotoren Verwendung finden. In Motoren also, wie sie in jedem ganz normalen Auto, das mit Benzin oder Diesel betrieben wird, zu finden sind. Außerdem finden sie Verwendung im Flugzeugbau. Turbinenschaufeln von Flugzeugtriebwerken, aber auch Gasturbinen, sind mit Kobaltstahl gefertigt.

 

Häh? Hatten die Kritiker nicht gerade noch gesagt, nur wegen dem Elektroauto würde Kinderarbeit im Kongo betrieben? Und was würde es dann bringen, wenn wir mit den Elektroautos wieder aufhören? Für die Kinderarbeit im Kongo jedenfalls nichts, wie es scheint.

 

Noch interessanter ist, dass Kobalt auch als Katalysator zum Einsatz kommt. Und zwar bei der Entschwefelung von Benzin. Wer mehr wissen will, findet hier bei Wikipedia genauere Informationen. https://de.wikipedia.org/wiki/Cobalt#Verwendung

 

Natürlich steckt Kobalt in Akkus. Das tat es aber durchaus auch schon vor der Produktion von Elektroautos. Fast jeder hat heutzutage ein Smartphone im Einsatz, selbst vor dem Smartphone hat man bereits eine Menge davon in den Lithium-Ionen-Akkus von ganz normalen Mobiltelefonen verwendet.

 

Gestört hat es da keinen, wo das Kobalt herkam. Erst seit es Elektroautos gibt, scheint das plötzlich ein Problem zu sein. Warum eigentlich? Waren die Kinder vorher egal? Was hat sich verändert? Komisch ist, dass in Motoren eine ganze Menge an Mineralien, teilweise seltene Erden verbaut sind. Ich habe noch nie davon gelesen, dass das jemand interessieren würde. Fakt ist auch, dass die Förderung von Öl immer komplizierter wird und deswegen zum Beispiel für umfangreiche Verschmutzungen im Nigerdelta gesorgt hat. Der Abbau von Ölsanden in Kanada ist ebenfalls ein Beispiel für extrem Ressourcenverbrauchenden Abbau von Rohstoffen. Hier kommt zum Beispiel sauberes Trinkwasser zum Einsatz, das anschließend leider verschmutzt ist. Keiner scheint sich darum zu kümmern.

 

Bei Tesla ist es übrigens inzwischen so, dass die Akkus nur noch einen Anteil von 2,8 Prozent Kobalt enthalten. Über die Jahre hat es der Elektroautopionier verstanden, den Anteil deutlich nach unten zu bringen. BMW hingegen geht einen anderen Weg. Die kaufen den Rohstoff nicht mehr im Kongo ein, sondern in Australien. In neueren Akkugenerationen, die wohl ab ca. 2025 zum Einsatz kommen werden, ist gar kein Kobalt mehr enthalten. Hier kann man darüber nachlesen:

https://www.cleanthinking.de/schluss-mit-alternativen-fakten-wahrheit-ueber-lithium-und-kobalt/

 

Man sieht also, dass die Herstellung von Elektroautos durchaus einen anderen Ansatz verfolgt. Zumindest sind die Konstrukteure hier an Lösungen interessiert. Und natürlich muss man auch ganz klar sagen: Egal was die Unternehmen machen, das Problem der Kinderarbeit hat ganz andere Ursachen und muss an anderen Stellen bekämpft werden.

 

Kinderarbeit gibt es vorwiegend in Ländern mit großer Armut. Kinder müssen, anstatt in die Schule zu gehen, mithelfen, um die Familie zu ernähren. Das geschieht auf vielfältige Weise. Entweder müssen sie auf dem Feld mithelfen, oder in der Produktion von Textilien, die dann bei uns für billiges Geld verramscht werden. T-Shirts und Sportschuhe werden oft in Ländern produziert, in denen die Menschen keine große Wahl haben und die miesen Bedingungen genauso wie die Hungerlöhne akzeptieren müssen. Im Kongo ist es so, dass neben dem normalen Abbau hauptsächlich chinesischer Betreiber auch einige illegale Minen sind, die unter teilweise höchst gefährlichen Bedingungen mehr oder weniger mit bloßen Händen gegraben werden. Einen irgendwie gearteten Sicherheitsstandard gibt es dort nicht. Die Menschen klettern über Holzkonstruktionen in die Erdlöcher und wühlen sich durch das Gestein, bis sie das gefunden haben, was sie suchen. Nicht selten halten die kaum abgestützten Tunnel dem nicht stand und brechen ein, was immer wieder zu Todesopfern führt. Alles, weil man mit dem Kongo wenigstens ein klein wenig Geld verdienen kann.

 

Planet Wissen hat dazu einiges zu sagen: https://www.planet-wissen.de/geschichte/menschenrechte/kinderarbeit/index.html

 

Kinderarbeit ist letztendlich ein Kreis aus fehlenden oder mangelhaften Sozialsystemen, fehlende Bildung, Armut und Ausbeutung. Sie hat sehr viel damit zu tun, dass die westliche Welt seit Jahrhunderten in der ganzen Welt nach dem sucht, was sie selbst gerne nutzen würde. So sind damals die spanischen Entdecker mit Kolumbus und anderen spanischen und portugiesischen Entdeckern nach Amerika gekommen. Sie haben sich dort alles genommen, was sie wollten. Vor allem Gold, aber sie waren durchaus auch an Rohstoffen interessiert. In Form von Menschen zum Beispiel, die sie als Sklaven nach Europa verschleppten. Außerdem gab es in der alten Welt damals fast keine Bäume mehr. Da kam es ganz Recht, dass man in Amerika eine fast unberührte Natur fand. Natürlich nahm man nicht nur Gold. Es kam auch zum Austausch von anderen Dingen. Zum Beispiel nahm man sich einiges an unbekannten Pflanzen und brachte so die Kartoffel nach Europa.

 

Da gelassen hat man auch etwas. Etwa 90% der damals ca. 100 Millionen dort lebenden Menschen sind durch von Eroberern eingeschleppte Krankheiten gestorben, viele andere wurden schlicht getötet, während man sie ausraubte. Wir haben also schon damals auf Kosten der anderen luxuriös gelebt. Im Laufe der Jahrhunderte hat sich daran wenig geändert. Nur die globalen Herren. Einmal waren es die Portugiesen und Spanier, die die Welt unter sich aufteilten, dann kamen die Briten, die mit dem Commonwealth noch heute ziemlich aktiv auf diesem Planeten sind. Von den Bodenschätzen in einem bestimmten Land hat am wenigsten die dortige Bevölkerung etwas. Das ist ein ewiges und globales Problem.

 

Das aufs Elektroauto zu schieben, geht an der Realität aber weit vorbei. Wir Menschen sind nicht nur gut darin, den Planeten und seine Ressourcen gnadenlos auszubeuten. Wir haben auch schon immer den persönlichen Gewinn und die eigene Bequemlichkeit über den Schutz der Natur gestellt. Der wäre oft nicht mal so viel teurer, aber er würde den Gewinn schmälern. Und genau deswegen wollen diejenigen, die davon profitieren, nichts vom Schutz der Umwelt wissen.

 

Kobalt und Kinderarbeiten sind tatsächlich zwei Seiten der gleichen Medaille. Sie haben mit dem zu tun, was der Mensch am liebsten tut: Seine Umwelt ausbeuten, so dass wenige auf Kosten vieler leben können. Genau das tun die erdölerzeugenden Teilnehmer an diesem globalen Monopolyspiel. Es liegt durchaus nicht außerhalb jeglicher Vorstellungskraft, dass die das Gerücht gestreut haben, Elektromobilität wäre für Kinderarbeit verantwortlich.

 

Dabei wollen sie einfach nur sagen, dass man mit diesen blöden elektrischen Autos als erdölfördernde Firma und Mineralölproduzent so schlecht Geld verdienen kann.

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